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Brief für Unternehmer und Freiberufler des Monats April 2014


Sehr geehrte Damen und Herren,


der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen.

Bitte lesen Sie im Einzelnen:


Inhalt

1.

Neues zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen

2.

Neues zur Organschaft und zum Vorsteuerabzug bei Holdinggesellschaften

3.

Vorsteuerabzug bei Betrug durch Lieferant

4.

Künstler und Umsatzsteuer

5.

Grunderwerbsteuerrecht: Einheitlicher Erwerbsgegenstand

6.

Sogenanntes "Treaty override" bei ausländischen Mitunternehmern - Verstoß gegen Verfassungsrecht?

7.

Gewerbesteuermessbetrag: Gewerbesteuerpflicht durch Beteiligungserträge?

8.

Neue Frist für SEPA-Überweisung

9

Abfindung: Zusammenballung von Einkünften (Einkommensteuer)

10.

Liquidation der Gesellschaft: Zur Anwendung der Grundsätze der wirtschaftlichen Neugründung

11.

Echte Rückwirkung: Klarstellung durch Gesetzgeber kann verfassungswidrig sein

12.

Ablauf der Festsetzungsfrist: Hemmung durch Antrag des Steuerpflichtigen

13.

Bei grobem Verstoß gegen § 242 BGB keine Berufung auf Verjährung (Steuerberaterhaftung)

14.

Nicht absetzbar: Spende an den Papst

15.

Spirituelle Dienstleistungen: Kein Betriebsausgabenabzug

16.

Zu § 8a Abs. 1 Nr. 2 KStG a. F.: "Sonst gleichen Umstände"

17.

Treaty override bei Einkünften von Piloten

18.

Insolvenzverfahren: Einstellung bei Restschuldbefreiung wegen Wegfall des Eröffnungsgrunds?

19.

Verstoß gegen Berufsfreiheit bei Ausschluss von GmbH mit Doppelzulassung

20.

Teilnahme an Schiffskreuzfahrt: Bewertung des geldwerten Vorteils

21.

Erlass eines Feststellungsbescheids: Reicht bloßer Prüfungsauftrag aus?


1. Neues zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen

Einführung
 Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte jüngst festgestellt, dass die deutschen Regelungen zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft in wesentlichen Teilen nicht mit den Vorgaben des Gemeinschaftsrechtes vereinbar sind. Insbesondere für Bauträger hat dies zur Konsequenz, dass diese nicht (mehr) Steuerschuldner für die an sie erbrachten Bauleistungen sind. Das Bundesfinanzministerium (BMF) folgt mittlerweile dem BFH. Für die Praxis sind aber dennoch viele Fragen offen, zumal das BMF noch ein weiteres Schreiben zu der Thematik angekündigt hat.

Neue Verwaltungsanweisung
 Wie es weitergehen könnte, zeigt eine Information der Oberfinanzdirektion (OFD) Nordrhein-Westfalen. Demnach wird Bauträgern die Umsatzsteuer auch für die Vergangenheit erstattet, wenn sie diese unter Berufung auf die geänderte Rechtslage geltend machen, sofern die entsprechenden Veranlagungen noch zu ändern sind. Die Behandlung der Subunternehmer hingegen, die bisher im Vertrauen auf die bisherige Verwaltungsauffassung netto gegenüber den Bauträgern abgerechnet haben, wird noch vom BMF geprüft. Fraglich ist, ob diesen Vertrauensschutz für die Vergangenheit gewährt wird, falls die Bauträger eine Korrektur beantragen. Bis zur Klärung dieser Frage soll jedoch nicht gegen die betroffenen Subunternehmer vorgegangen werden.

Konsequenzen
 Sowohl Bauträger als auch ihre Subunternehmer müssen prüfen wie nun vorzugehen ist. Für die Vergangenheit können sich Bauträger die Umsatzsteuer vom Finanzamt zurückholen. Dabei müssen sie aber berücksichtigen, dass das Finanzamt in einem solchen Fall versuchen wird die Umsatzsteuer vom Subunternehmer wiederzuholen, es sei denn das BMF ringt sich dazu durch, den Subunternehmern Vertrauensschutz zu gewähren. Die Subunternehmer hingegen werden dann versuchen, die Umsatzsteuer gegenüber dem Bauträger abzurechnen. Ob dies zivilrechtlich in allen Fällen möglich sein wird, ist fraglich. Insbesondere Festpreisvereinbarungen dürften hier problematisch sein. Es ist daher nicht auszuschließen, dass die Subunternehmer auf der Umsatzsteuer sitzen bleiben und erheblichen wirtschaftlichen Schaden, bis hin zur Insolvenz, erleiden. Es ist daher zu hoffen, dass das BMF den Subunternehmern entgegenkommt und diese nicht dafür abstraft, dass diese sich an die Verwaltungsanweisungen gehalten haben. Wie es auch weiter gehen wird, die Betroffenen sollten auf jeden Fall ihre nächsten Schritte mit ihren steuerlichen Beratern abstimmen, um kostspielige Fehler zu vermeiden.

2. Neues zur Organschaft und zum Vorsteuerabzug bei Holdinggesellschaften

Einführung
 Sowohl die Organschaft als auch der Vorsteuerabzug bei Holdinggesellschaften sind regelmäßig Gegenstand von Gerichtsverfahren. Nun hat der Bundesfinanzhof (BFH) dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) 3 grundsätzliche Fragen vorgelegt, deren Beantwortung von erheblicher Bedeutung sein wird.

Vorlagen des BFH
 Die erste Frage betraf den Vorsteuerabzug einer Führungsholding. Diese hält nicht nur die Beteiligungen an ihren Tochtergesellschaften, sondern erbringt auch entgeltliche Dienstleistungen an die Töchter. Die Dienstleistungen berechtigen grundsätzlich zum Vorsteuerabzug, das reine Halten von Beteiligungen hingegen nicht. Der BFH sieht hier die Notwendigkeit die Vorsteuern aus Eingangsleistungen, die keinem der genannten Bereiche direkt zuzuordnen sind, aufzuteilen. Der EuGH soll klären, welcher Maßstab dieser Aufteilung zugrunde zu legen ist. Mit der zweiten Frage möchte der BFH klären, ob entgegen den Vorgaben des nationalen Umsatzsteuergesetzes (UStG) auch Personengesellschaften Organgesellschaften sein können. Das nationale UStG sieht hier nur juristische Personen als Organgesellschaften vor, während die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) insoweit keine Vorgaben enthält, was gegebenenfalls als Verstoß gegen das Gebot der Rechtsformneutralität zu werten ist. Sollte der EuGH hierin einen Verstoß gegen das Unionsrecht sehen, so soll er die dritte Frage klären, ob Holdinggesellschaften sich dann unmittelbar auf das Unionsrecht berufen können.

Konsequenzen
 Die Entscheidung des EuGH wird mit Spannung abzuwarten sein. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Antwort des EuGH auf die zweite Frage. Sollte der EuGH die Ausweitung der Organschaft auf Personengesellschaften als Organgesellschaften befürworten, so wird dies zu gravierenden Änderungen führen. Unternehmen die von der Entscheidung des EuGH profitieren können, also Holdinggesellschaften, die einen höheren Vorsteuerabzug für sich reklamieren oder für die ein Einbezug einer Personengesellschaft als Organgesellschaft vorteilhaft wäre, sollten die entsprechenden Veranlagungen offen halten.

3. Vorsteuerabzug bei Betrug durch Lieferant

Einführung
 Nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) steht es dem Vorsteuerabzug nicht entgegen, wenn der Lieferant zivilrechtlich nicht Eigentümer des gelieferten Gegenstandes war und zudem noch beabsichtigte den Gegenstand in betrügerischer Absicht noch an andere Erwerber zu "veräußern". Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist demnach nicht die zivilrechtliche Betrachtung, sondern ob dem Erwerber der Liefergegenstand so übertragen worden ist, dass dieser faktisch wie ein Eigentümer hierüber verfügen kann.

Neue Verwaltungsanweisung
 Das Bundesfinanzministerium (BMF) folgt nun der Entscheidung des BFH.

Konsequenzen
 Das BMF weist nun auf die Entscheidung des BFH im Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) hin. Dass dies aber nur widerwillig geschieht wird deutlich, wenn auch die ergänzenden Aussagen des zugehörigen Schreibens aufmerksam gelesen werden. Demnach steht dem Vorsteuerabzug entgegen, wenn der Abnehmer vom Betrug des Lieferanten wusste bzw. hiervon hätte wissen müssen. Dies entspricht zwar den Aussagen des BFH, problematisch ist jedoch, dass die Beweislast hierfür den Erwerber trifft, sobald die Finanzverwaltung "objektive" Umstände vorlegt, dass er dies hätte wissen können. Der Erwerber muss dann nachweisen, dass er alle Maßnahmen ergriffen hat, um nicht in einen Betrug einbezogen zu werden. Hierzu soll er dokumentieren, dass er sich über die Unternehmereigenschaft des Lieferanten versichert hat. Ebenso sollen die Geräteidentifikationsnummern der Ware aufgezeichnet werden. Wer die Praxis kennt, muss befürchten, dass ein Betriebsprüfer z. B. sehr schnell "objektive" Umstände findet, die zu einer Umkehr der Beweislast führen. Gerade Unternehmer, die tatsächlich nicht wussten, dass sie in einen Betrug involviert sind, dürften dann selten derartige Aufzeichnungen besitzen. Hier sollte dann auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zurückgegriffen werden, die nur in bestimmten Fällen Nachweise der Erwerber fordert, also weniger restriktiv ist, als die Vorstellungen der deutschen Verwaltung.

4. Künstler und Umsatzsteuer

Einführung
 Die Erbringung kultureller Leistungen wird im Regelfall im Umsatzsteuergesetz (UStG) begünstigt, sei es durch die Gewährung von Steuerbefreiungen oder des ermäßigten Steuersatzes (7 %). Allerdings bedeutet dies nicht, dass bestimmte Tätigkeiten im Kulturbetrieb nicht auch dem Regelsteuersatz (19 %) unterliegen können. Details können hier den Ausschlag geben. Die Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt a. M. zeigt dies in einer aktuellen Verfügung auf.

Neue Verwaltungsanweisung
 Die OFD gibt Hinweise zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Solisten, der Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten etc. Auf Leistungen von Dirigenten ist der ermäßigte Steuersatz anzuwenden, sofern diese nicht befreit sind. Während u. a. Intendanten, Regisseure sowie Tontechniker grundsätzlich dem allgemeinen Steuersatz unterliegen, ist bei Bühnen- und Kostümbildnern neuerdings zu differenzieren: Erfolgt der Auftrag ein bestimmtes Bühnenbild oder Kostüm zu entwerfen, so kommt der ermäßigte Steuersatz zum Zuge, weil dies als begünstigte Übertragung eines Urheberrechtes angesehen wird. Erfolgt die Arbeit jedoch nach konkreten Vorgaben, entfällt die Begünstigung. Die Leistungen von Artisten, Zauberern etc. sind ebenso grundsätzlich dem Regelsteuersatz zu unterwerfen; Ausnahmen sind jedoch möglich. Die Veranstaltung von Konzerten ist nur dann begünstigt, wenn durch weitere Leistungen, die in Verbindung hiermit erbracht werden, der Charakter der Veranstaltung als Konzert nicht beeinträchtigt wird. Dabei ist nur die Leistung des einzelnen Unternehmers zu betrachten, nicht hingegen die seines Auftraggebers.

Konsequenzen
 Künstler haben verständlicherweise ein Interesse daran, dass ihre Leistungen begünstigt besteuert werden. Da die Begünstigung oftmals von "Kleinigkeiten" abhängt, ist eine genaue Prüfung erforderlich, um steuerliche Risiken durch eine Fehlbeurteilung zu vermeiden. Die Verfügung kann hierzu als Hilfe herangezogen werden.

5. Grunderwerbsteuerrecht: Einheitlicher Erwerbsgegenstand

Kernaussage
 Grunderwerbsteuer fällt nicht bereits an, wenn der Veräußerer eine umfangreiche Vorplanung vornimmt. Der Erwerber übernimmt dann das Grundstück nicht im bebauten oder sanierten Zustand. Hinzukommen muss für einen Grunderwerbsteueranfall, dass die auf der Veräußererseite handelnden Personen auch zur Veränderung des körperlichen Zustands des Grundstücks verpflichtet sind.

Sachverhalt
 Mit notariellem Kaufangebot bot eine Erbengemeinschaft ein unbebautes Grundstück an. Gemäß der Baubeschreibung eines Architekten sollte auf dem Grundstück ein Wohngebäude entstehen. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, an der der Kläger beteiligt ist, kaufte das Grundstück. Das Finanzamt (FA) gelangte auf der Grundlage der eingereichten Unterlagen zu der Auffassung, die Verträge zur Errichtung des Wohnhauses stünden im Zusammenhang mit dem Grundstückskaufvertrag und seien daher als sogenanntes einheitliches Vertragswerk zu beurteilen. Dementsprechend setzte das FA die Grunderwerbsteuer für den Kläger unter Einbeziehung seines Anteils an den Baukosten auf 3.790 EUR fest, wobei nur 286 EUR auf das unbebaute Grundstück entfielen. Hiergegen klagte der Kläger erfolglos vor dem Finanzgericht (FG). Anschließend ging er in Revision zum Bundesfinanzhof (BFH).

Entscheidung
 Der BFH gab der Klage statt. Zu Unrecht sind FA und FG davon ausgegangen, dass die anteiligen Bauerrichtungskosten in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einzubeziehen sind. Es fehlt die dafür erforderliche Verpflichtung der Veräußererseite, das Grundstück körperlich zu verändern. Ergibt sich aus Vereinbarungen, die mit dem Grundstückskauf in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich der Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand. Ein solcher einheitlicher Erwerbstatbestand ist auch gegeben, wenn auf der Veräußererseite mehrere Personen aufgrund eines abgestimmten Verhaltens auf den Abschluss sowohl des Grundstückskaufvertrags als auch der Verträge, die der Bebauung des Grundstücks dienen, hinwirken und diese zur Veränderung des körperlichen Zustands des Grundstücks verpflichtet sind, woran es hier aber fehlt.

Konsequenz
 Die Finanzämter konstruieren bei engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang gerne ein sogenanntes einheitliches Vertragswerk. Hier sollte zur Vermeidung der Grunderwerbsteuer exakt darauf geachtet werden, dass keine Verpflichtung der Veräußerer besteht.

6. Sogenanntes "Treaty override" bei ausländischen Mitunternehmern - Verstoß gegen Verfassungsrecht?

Kernaussage
 Der Bundesfinanzhof (BFH) ist der Auffassung, dass die Regelungen in § 50d Abs. 10 EStG gegen Völkerrecht verstoßen und deshalb wegen der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes auch gegen Verfassungsrecht. Er legt dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) daher die Frage vor, ob der Gesetzgeber durch ein sogenanntes Treaty override gegen Verfassungsrecht verstößt.

Sachverhalt
 Strittig war die Besteuerung von Zinseinkünften eines italienischen Staatsbürgers, der atypisch still an einer deutschen GmbH & Co. KG beteiligt war. Während der Kläger Art. 11 des DBA Italien - und damit eine alleinige Besteuerung der Zinseinkünfte im Ansässigkeitsstaat - durchsetzten wollte, ging das Finanzamt davon aus, dass die Zinsen über § 50d Abs. 10 EStG als gewerbliche Einkünfte in Deutschland zu versteuern waren.

Ansicht des BFH
 Der BFH führt zunächst aus, dass die Zinsen nach § 49 Abs. 1 Nr. 2a) EStG grundsätzlich in Deutschland zu besteuern sind. Die Darlehensforderung sei in diesem Zusammenhang der Betriebsstätte der deutschen GmbH & Co. KG zuzurechnen. Betriebsstättenlose Einkünfte aus Gewerbebetrieb kann es nach Ansicht des BFH nicht geben. Er verweist hierbei auf die Neuregelung durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz (AmtshilfeRUmsG), wonach die Zuordnung bei der Betriebsstätte erfolge, bei der die Vergütungen für den Gesellschafter in Abzug gebracht worden sind. Gleichwohl hält der I. Senat die Regelung in § 50d Abs. 10 EStG für verfassungswidrig. Er begründet dies mit einem Verstoß gegen Völkerrecht, welcher ohne tragfähige Gründe erfolge und den Kläger damit in seinem subjektiven Grundrecht auf die Einhaltung der verfassungsmäßigen Ordnung verletzte. Kritisch gesehen wird dabei insbesondere Folgendes: Durch die einseitige Umqualifizierung kommt es gegebenenfalls zu einer Doppelbesteuerung, weil der ausländische Staat die betreffenden Einkunftsquellen in vollem Umfang besteuert, ohne dass es zu einer Anrechnung der deutschen Steuer kommt. Durch die rückwirkende Anwendung der mit dem AmtshilfeRUmsG geänderten Regelungen kommt es zu einem Verstoß gegen das Rückwirkungsprinzip.

Konsequenzen
 Der seit Jahren schwelende Streit zwischen Rechtsprechung und Finanzverwaltung beziehungsweise Gesetzgeber wird nun auch für gewerbliche Einkünfte vor dem BVerfG ausgetragen. Steuerpflichtige sollten entsprechende Steuerbescheide offenhalten.

7. Gewerbesteuermessbetrag: Gewerbesteuerpflicht durch Beteiligungserträge?

Kernaussage
 Trotz dauerhaftem Defizit kann der Betrieb eines Freibades durch Beteiligungserträge körperschaftsteuerpflichtig werden. Gewinnerzielungsabsicht liegt auch dann vor, wenn zur Verbesserung der Ertragslage Aktien in den Betrieb eingelegt werden, um Verluste aus vorangegangenen Jahren mit zukünftigen Erträgen verrechnen zu können.

Sachverhalt
 Das gemeindliche Freibad erwirtschaftete erhebliche Verluste. Um dieses Defizit auszugleichen, legte die Klägerin Beteiligungen an 2 Körperschaften ein. Die Beteiligungen waren jeweils geringer als 15 %. Der per Saldo entstandene Gewinn wurde durch das Finanzamt der Gewerbesteuer unterworfen. Durch die geringe Beteiligungshöhe erfolgte keine Kürzung der Dividendenerträge für gewerbesteuerliche Zwecke. Da durch die Einlage nach Ansicht des Finanzamts insgesamt Gewinnerzielungsabsicht bestand, erfolgte die Feststellung eines Gewerbesteuermessbetrags. Die Klägerin hielt dagegen, dass der Betrieb objektiv dauerhaft defizitär sei und daher auch durch die Einlage von Beteiligungen, die im Rahmen der Vermögensverwaltung gehalten wurden, nicht geeignet sei, einen steuerpflichtigen Betrieb gewerblicher Art zu begründen.

Entscheidung
 Die gegen die Feststellung des Gewerbesteuermessbetrags erhobene Klage hatte vor dem Finanzgericht (FG) Köln keinen Erfolg. Gewinnerzielungsabsicht liege auch dann vor, wenn zur Verbesserung der Ertragslage Aktien in einen Betrieb eingelegt werden, um die in der Vergangenheit erwirtschafteten Verluste mit künftigen Erträgen aus Dividenden verrechnen zu können. Mit Einlage der Beteiligungen ändere sich die Ertragslage des Betriebs grundlegend. Zudem könnten die Anteile gewillkürtes Betriebsvermögen darstellen. Wegen grundsätzlicher Bedeutung wurde die Revision vor dem Bundesfinanzhof (BFH)zugelassen.

Konsequenz
 Die Entscheidung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH. Im Jahr 2006 hatte das FG Düsseldorf noch gegenteilig mit der Begründung entschieden, die Einlage von Aktien stelle aus betriebswirtschaftlicher Sicht keine geeignete Maßnahme zur Strukturverbesserung des originären Betriebes dar. Es bleibt abzuwarten, ob der BFH seine Meinung zu einem späteren Zeitpunkt den Düsseldorfer Richtern anpasst.

8. Neue Frist für SEPA-Überweisung

Kernaussage
 Die Frist für die Umstellung von Lastschriften und Überweisungen auf das europäische SEPA-System ist um 6 Monate verlängert worden. Banken und Zahlungsdienstleister dürfen daher innerhalb dieser verlängerten Frist weiterhin Zahlungen bearbeiten, die nicht im SEPA-Format getätigt worden sind.

Hintergrund
 SEPA steht für "Single Euro Payments Area", die Schaffung eines einheitlichen europäischen Zahlungsverkehrsraum. In der im Jahr 2012 verabschiedeten SEPA-Verordnung war vorgesehen, dass ab dem 1.2.2014 sämtliche Überweisungen und Lastschriften in Euro nur noch in einem Format erfolgen sollten, als SEPA-Überweisungen und SEPA-Lastschriften. Statistiken zeigten jedoch, dass ein reibungsloser Übergang zu SEPA vor allem bei kleineren und mittleren Unternehmen bis zu diesem Termin nicht gewährleistet war. Auf Vorschlag der Europäischen Kommission stimmten zunächst die EU-Regierungen und schließlich auch das EU-Parlament einer Verlängerung der Umsetzungsfrist zu. Durch SEPA sollen Zahlungen in Euro innerhalb der Europäischen Union schneller und kostengünstiger durchgeführt werden, in dem das kostenintensive Nebeneinander von inländischen Zahlungsverkehrsprodukten und SEPA-Produkten entfällt.

Konsequenz
 Die Umstellungsfrist ist zwar verlängert worden, jedoch haben insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen in dieser Zeit dafür Sorge zu tragen, alles Erforderliche für eine fristgerechte Umstellung zu veranlassen. Denn ab dem 1.8.2014 dürfen Banken und Zahlungsdienstleister dann wohl endgültig keine Zahlungen mehr bearbeiten, die nicht im SEPA-Format getätigt worden sind, sollte es nicht zu einer weiteren Verlängerung der Frist kommen.

9. Abfindung: Zusammenballung von Einkünften (Einkommensteuer)

Kernproblem
 Für außerordentliche Einkünfte kann ein ermäßigter Steuersatz bei Bemessung der Einkommensteuer in Betracht kommen. Werden an einen Arbeitnehmer Abfindungen gezahlt, wird in ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) grundsätzlich dann eine Außerordentlichkeit bejaht, wenn die zu begünstigenden Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum zu erfassen sind und durch die Zusammenballung von Einkünften erhöhte steuerliche Belastungen entstehen. Das ist dann der Fall, wenn die Abfindung in einem Veranlagungsjahr gezahlt wird und die entgehenden Einnahmen übersteigt. Erhält der Arbeitnehmer weniger oder ebenso viel, wie er bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erhalten hätte, besteht nach Auffassung des BFH für eine Ermäßigung des Steuersatzes kein Anlass. Ob bei dieser Betrachtung immer nur Vorjahre heranzuziehen sind oder inwieweit sich außergewöhnliche Ereignisse bei der Prognose auswirken, war Streitgegenstand beim Niedersächsischen Finanzgericht (FG).

Sachverhalt
 Ein Arbeitnehmer erkrankte im November 2010 dauerhaft und erhielt bis zum Bezug einer Erwerbsunfähigkeitsrente im April 2012 Krankengeld. Im Mai 2011 kündigte sein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen. Vor dem Arbeitsgericht einigte man sich auf eine Abfindung von 50.000 EUR, die im Jahr 2012 zusammen mit noch nicht abgerechneten Reisekosten von 5.166 EUR ausbezahlt wurde. Daneben wurden Kranken- und Arbeitslosengelder von 29.826 EUR vereinnahmt. Das Finanzamt lehnte eine Steuerermäßigung ab, weil der Arbeitnehmer in den 3 Jahren vor der Krankheit Einkünfte von durchschnittlich 96.155 EUR bezog und die Abfindung damit nach Auffassung der Verwaltung keinen Progressionsnachteil nach sich zog. Der Arbeitnehmer sah die Prognose des Finanzamts aufgrund seiner Krankheit als realitätsfern an und klagte vor dem FG.

Entscheidung
 Die Finanzrichter gewährten die Steuerermäßigung. Für die Vergleichsbetrachtung der Einkünfte sei maßgebend, was sich bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses voraussichtlich ergeben hätte. Hierfür orientiere sich der BFH zwar grundsätzlich an dem Vorjahr. Dies gelte aber nur, solange die Verhältnisse des Vorjahres auch diejenigen des Folgejahres mit großer Wahrscheinlichkeit abbilden würden. Dagegen seien außergewöhnliche Ereignisse bei der Prognose zu berücksichtigen. Diesen Grundsatz habe auch das Bundesfinanzministerium in seinem aktuellen BMF-Schreiben zu Entlassungsentschädigungen aufgenommen. Folglich seien die Erkrankung des Steuerpflichtigen und darauf beruhende niedrigere Einkünfte zu berücksichtigen.

Konsequenz
 Obwohl das FG die Revision zugelassen hatte, ist das Urteil rechtskräftig geworden. Das lässt eine allgemeine Anwendung durch die Verwaltung vermuten.

10. Liquidation der Gesellschaft: Zur Anwendung der Grundsätze der wirtschaftlichen Neugründung

Kernaussage
 Die Grundsätze der wirtschaftlichen Neugründung finden auch in der Liquidation der Gesellschaft Anwendung. Dies führt zu erheblichen Haftungsrisiken, sofern die wirtschaftliche Neugründung nicht gegenüber dem Registergericht offengelegt wird. Es besteht dann nämlich eine Unterbilanzhaftung, bezogen auf die Deckungslücke zwischen Stammkapital und dem Vermögen im Zeitpunkt der wirtschaftlichen Neugründung.

Sachverhalt
 Im Juli 2002 wurde die GmbH durch den Ehemann der Beklagten mit einem Stammkapital von 25.000 EUR gegründet. Im Dezember 2004 wurde die Auflösung der Gesellschaft beschlossen, weshalb im Jahr 2005 der Geschäftsbetrieb ruhte. Im März 2006 wurde die Fortsetzung der GmbH beschlossen und die Geschäfte wurden wieder aufgenommen. Im Mai 2006 trat der Ehemann seinen Geschäftsanteil an die Beklagte ab, die sodann in einer Gesellschafterversammlung die Änderung der Firma der GmbH beschloss. Im Dezember 2009 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet und der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Er ist der Auffassung, die Beklagte hafte wegen fehlender Offenlegung einer wirtschaftlichen Neugründung für die Differenz zwischen dem Stammkapital und dem im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung vorhandenem Vermögen. Der Bundesgerichtshof hob die stattgebenden Entscheidungen der Untergerichte auf und verwies die Sache zurück.

Entscheidung
 Auch bei der Reaktivierung von Liquidationsgesellschaften besteht die Gefahr einer Umgehung der Gründungsvorschriften. Entsprechend einer werbenden Gesellschaft kommt eine wirtschaftliche Neugründung allerdings nur bei der Wiederbelebung einer inaktiven Liquidationsgesellschaft in Betracht. Allein die Zweckänderung von der Abwicklungsgesellschaft hin zu einer werbenden Gesellschaft ist als solche keine wirtschaftliche Neugründung. Werden während der Abwicklungsphase noch nennenswerte Liquidationstätigkeiten wahrgenommen, die auf den Schluss der Liquidation zusteuern, kann nicht von einem Gesellschaftsmantel ausgegangen werden. Auf ein nach außen gerichteten Geschäftsbetrieb komme es insoweit nicht an. Eine Haftung besteht zudem nur im Falle einer Unterbilanz im Zeitpunkt der Anmeldung der Fortsetzung der Gesellschaft zum Handelsregister.

Konsequenz
 Bei der Verwendung des "Mantels" einer inaktiven Abwicklungsgesellschaft sind wie bei der Wiederbelebung einer ehemals werbenden Gesellschaft die Gründungsvorschriften zu beachten. Stets ist zu prüfen, ob die Gründungsvorschriften entsprechend Anwendung finden

11. Echte Rückwirkung: Klarstellung durch Gesetzgeber kann verfassungswidrig sein

Kernaussage
 Eine klarstellende Feststellung geltenden Rechts durch den Gesetzgeber kann dann eine unzulässige echte Rückwirkung sein, wenn mit dem Gesetz eine in der Gerichtsbarkeit offene Auslegungsfrage entschieden oder eine davon abweichende Auslegung ausgeschlossen wird.

Sachverhalt
 Die Klägerin des Ausgangsverfahrens ist eine Bank, die eine Beteiligung an einem Investmentfonds gewinnmindernd abschrieb. Fraglich war die steuerliche Berücksichtigung der Teilwertabschreibung auf Beteiligungen bei Kapitalanlagegesellschaften, denn im Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) fehlte ein Verweis zum Abzugsverbot solcher Verluste im Körperschaftsteuerrecht. Hierauf reagierte der Gesetzgeber im Jahr 2003, indem er rückwirkend bis einschließlich für das Jahr 2001 die Anwendbarkeit auch für Kapitalanlagegesellschaften statuierte. In der Begründung des Regierungsentwurfs heißt es, es handle sich nur um eine "redaktionelle Klarstellung". Diese Regelung hielt das Finanzgericht als unzulässige echte Rückwirkung für verfassungswidrig und legte die Frage dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vor.

Entscheidung
 Die Änderung ist eine unzulässige echte Rückwirkung, weil sie sich auf schon abgelaufene Veranlagungszeiträume auswirkt und in bereits entstandene Steuerschulden eingreift. Eine solche Rückwirkung ist nur ausnahmsweise erlaubt, wenn kein schutzwürdiges Vertrauen des Steuerpflichtigen in den Fortbestand der geltenden Rechtslage besteht. Dies kann dann der Fall sein, wenn das geltende Recht erkennbar verfassungswidrig war oder so verworren und unklar war, dass eine Klärung unmittelbar bevorstand. Unerheblich ist, dass der Gesetzgeber eine Änderung als Klarstellung bezeichnet, denn die Auslegung des Rechts obliegt ausschließlich den Gerichten. Klärt der Gesetzgeber eine Auslegungsfrage, so liegt darin eine Rechtsänderung, die sich an den strengen Anforderungen belastender rückwirkender Rechtsänderungen messen lassen muss. Allein die mangelnde Eindeutigkeit der Regelung erschüttert nicht das Vertrauen des Steuerpflichtigen in ihren Bestand. Die rückwirkende gesetzliche Regelung ist nichtig, so dass die Gerichte nach der alten Rechtslage durch Auslegung zu entscheiden haben.

Konsequenz
 Das BVerfG hat die Anforderungen für rückwirkende Klarstellungen durch den Gesetzgeber verschärft und das Vertrauen des Steuerpflichtigen in die bestehende Rechtslage formuliert.

12. Ablauf der Festsetzungsfrist: Hemmung durch Antrag des Steuerpflichtigen

Kernaussage
 Soll der Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 3 AO gehemmt werden, ist ein Antrag des von der Steuerfestsetzung betroffenen Steuerpflichtigen notwendig. Im Fall der Änderung eines Grundlagenbescheids wird der Ablauf der 2-Jahres-Frist für die Anpassung des Folgebescheids nur dann gehemmt, wenn der von dem Folgebescheid betroffene Steuerpflichtige selbst die Änderung des Folgebescheids vor Ablauf der Frist beantragt.

Sachverhalt
 Die Klägerin ist eine GmbH, die an der A-Aktiengesellschaft (AG) beteiligt ist, die wiederum an der R-AG beteiligt ist. Das Finanzamt (FA) setzte gegen die Klägerin Vermögenssteuer fest und berücksichtigte dabei die Anteile an der A-AG. Aufgrund einer Klage der R-AG im Jahr 1999 änderte das FA den gemeinen Wert der Anteile der R-AG. In der Folge wurde auch ein geänderter Feststellungsbescheid über den Wert der Anteile der A-AG erlassen, nicht jedoch eine Folgeanpassung bei der Klägerin. Die Klägerin beantragte 2008 beim FA im Vermögenssteuerbescheid die Änderungen aus dem gegenüber der R-AG ergangenen Urteil umzusetzen. Das FA lehnte den Antrag ab, weil Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Einspruch und Klage hiergegen blieben ohne Erfolg.

Entscheidung
 Der Bundesfinanzhof bestätigte in der Revision die Entscheidung des Finanzgerichts. Soll der Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 3 AO gehemmt werden, ist ein Antrag des von der Steuerfestsetzung betroffenen Steuerpflichtigen notwendig. Im Fall der Änderung eines Grundlagenbescheids wird der Ablauf der 2-Jahres-Frist für die Anpassung des Folgebescheids nur dann gehemmt, wenn der von dem Folgebescheid betroffene Steuerpflichtige selbst die Änderung des Folgebescheids vor Ablauf der Frist beantragt. Vorliegend fehlte es an einem entsprechenden Antrag. Ein im Verfahren über einen Grundlagenbescheid gestellter Antrag auf Änderung der gesondert festgestellten Besteuerungsgrundlagen kann nicht dahin ausgelegt werden, dass damit zugleich die Änderung sämtlicher Folgebescheide zugunsten der jeweiligen Steuerpflichtigen beantragt wird.

Konsequenz
 Die Vermögenssteuer ist Geschichte. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist an der Entscheidung jedoch interessant, dass es, auch wenn das FA hier seiner Anpassungspflicht des Folgebescheids an einen geänderten Grundlagenbescheid nicht nachgekommen ist, bei der 2-jährigen Antragspflicht des Steuerpflichtigen verbleibt.

13. Bei grobem Verstoß gegen § 242 BGB keine Berufung auf Verjährung (Steuerberaterhaftung)

Kernaussage
 Hat ein Steuerberater durch Übersendung einer Abschrift eines auftragswidrig nicht eingelegten Einspruchs den Anschein erweckt, der Bescheid sei nicht in Bestandskraft erwachsen, kann er sich bis zur Aufdeckung seines Fehlers und des eingetretenen Schadens auch dann nicht auf die eingetretene Verjährung des gegen ihn gerichteten Haftungsanspruchs berufen, wenn ihm ein vorsätzliches Handeln nicht nachgewiesen werden kann.

Sachverhalt
 Die Kläger beauftragten die Beklagte, Einspruch gegen einen Feststellungsbescheid einzulegen, mit dem das Finanzamt (FA) einen Gewinn aufgrund einer Grundstücksveräußerung festgesetzt hatte. Die Kläger erhielten eine Abschrift des Einspruchs. Mangels Versendung durch die Beklagte ging der Einspruch nicht beim FA ein und das FA setzte die Einkommensteuer fest. Im Juli 2003 teilte die Beklagte dann den Klägern mit, der Feststellungsbescheid sei nach einem Schreiben des Ministeriums vorläufig; bei einer günstigen Entscheidung des Verfassungsgerichts über das Steuerentlastungsgesetz werde er aufgehoben. Die Beklagte beantragte dann gegen die Einkommensteuerbescheide die Aufnahme eines Vorläufigkeitsvermerks. Diesen lehnte das FA ab, da gegen den Feststellungsbescheid kein Einspruch eingelegt war. Hierüber informierte die Beklagte die Kläger nicht. Im Juli 2010 erklärte das Verfassungsgericht das Steuerentlastungsgesetz im maßgeblichen Punkt für verfassungswidrig. Im Jahr 2011 klagten die Kläger auf Schadensersatz. Das Landgericht und das Oberlandesgericht wiesen die Klage ab, worauf die Kläger in Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) gingen.

Entscheidung
 Vor dem BGH hatten die Kläger Erfolg. Die Beklagte kann sich nicht auf Verjährung berufen. Die Vorgerichte hatten Verjährung angenommen, da seit Anspruchsentstehung 10 Jahre vergangen waren und damit die damals geltende 3-jährige Verjährung ab Anspruchsentstehung als auch die weitere Verjährungsfrist für Sekundäransprüche abgelaufen waren. Nach dem BGH kann sich die Beklagte allerdings aus Treu und Glauben nicht auf Verjährung berufen. Denn auch ohne Arglist kann die Berufung auf die Verjährung rechtsmissbräuchlich sein, wenn objektiv ein besonders grober Verstoß vorliegt. Dieser lag hier in der Nichteinlegung des Einspruchs und zusätzlich darin, dass die Beklagte später die Kläger bestärkte, dass der Bescheid nur vorläufig sei, was nicht stimmte.

Konsequenz
 Der BGH erschwert durch die Entscheidung das Berufen auf die Verjährung bei Steuerberaterhaftung. Es reicht ein unabsichtlicher, objektiv schwererer Verstoß. Zu achten ist jedoch darauf, dass der Anspruch zeitnah nach dem Erkennen geltend gemacht werden muss, da er eine Ausnahme von der Verjährung darstellt.

14. Nicht absetzbar: Spende an den Papst

Kernproblem
 Eine Spende ist nach deutschem Recht nur dann steuerlich abziehbar, wenn der Spendenempfänger eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine öffentliche Dienststelle ist, die in einem Mitgliedsstaat der EU oder in einem EWR-Staat gelegen ist. Wie genau das genommen werden muss, erfuhr eine Steuerberatungs-GmbH, deren Geschäftsführer persönlich an das Oberhaupt der katholischen Kirche spendete.

Sachverhalt
 Der Geschäftsführer einer Steuerberatungs-GmbH hatte im Jahr 2007 anlässlich einer Generalaudienz dem Papst Benedikt XVI. persönlich einen Scheck über 50.000 EUR übergeben, der zu Gunsten der Vatikanbank eingelöst wurde. Hierfür erhielt die GmbH eine Spendenbescheinigung (nicht nach amtlich vorgeschriebenen Muster), die als Aussteller den "Staatssekretär seiner Heiligkeit" und als Ausstellungsort den Vatikan auswies. Die Spende sollte osteuropäischen Jugendlichen die Teilnahme am Weltjugendtag 2008 in Sydney ermöglichen, was auch entsprechend bescheinigt wurde. Das Finanzamt lehnte bei der Körperschaftsteuer-Veranlagung den beantragten Spendenabzug ab, weil es nicht die katholische Kirche Deutschland, sondern den Vatikanstaat als Empfänger der Zuwendung ansah. Hiergegen klagte die GmbH vor dem Finanzgericht (FG) Köln.

Entscheidung
 Das FG Köln wies die Klage ab und folgte nicht dem Argument der Steuerberatungs-GmbH, wonach eine deutsche Untergliederung der katholischen Kirche als Spendenempfänger anzusehen sei. Der Spendenabzug setze die Zahlung an eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine öffentliche Dienststelle, die in einem Mitgliedsstaat der EU oder in einem EWR-Staat gelegen ist, voraus. Das sei bei einer Spende unmittelbar an den Papst nicht der Fall. Denn als Empfänger der Zuwendung kämen nur der Heilige Stuhl, der Vatikanstaat oder die katholische Weltkirche in Betracht, die allesamt im Vatikan ansässig seien. Der Vatikan gehöre aber weder der EU noch dem Europäischen Wirtschaftsraum an. Die Versagung des Spendenabzugs verstoße auch nicht gegen die europarechtliche Regelung zur Kapitalverkehrssteuerfreiheit.

Konsequenz
 Wer vermutet hat, die Spende an den Papst sei der sicherste Weg für einen Steuervorteil, der sieht sich getäuscht. Die Richter lehnten auch den Betriebsausgabenabzug ab, der hier hilfsweise - offensichtlich wegen einer Verbindung zum Mandantenstamm - beantragt wurde. Die mit der Spende verbundene Hoffnung auf eine spätere Mandatierung durch deutsche Einrichtungen könne nur ein klassischer betrieblicher Nebenanlass sein, meinte das FG Köln. Wegen grundsätzlicher Bedeutung wurde jedoch die Revision beim Bundesfinanzhof zugelassen.

15. Spirituelle Dienstleistungen: Kein Betriebsausgabenabzug

Kernproblem
 Betriebsausgaben sind Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Dabei kann der Steuerpflichtige frei entscheiden, welche Aufwendungen er für seinen Betrieb tätigen will. Die Höhe der Aufwendungen, die Notwendigkeit, Üblichkeit und Zweckmäßigkeit sind für die Anerkennung grundsätzlich ohne Bedeutung. Die Grenzen der betrieblichen Veranlassung liegen jedoch dort, wo nach objektiver Betrachtung ein sachlicher Zusammenhang mit dem Betrieb nicht mehr begründet werden kann. Das hat das Finanzgericht (FG) Münster auch für die Kontaktaufnahme zu Gott angenommen.

Sachverhalt
 Der in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft (KG) betriebene Einzelhandel mit Uhren, Edelmetallwaren und Schmuck beantragte den Betriebsausgabenabzug für Zahlungen an einen spirituellen Dienstleister. Dieser habe nach den Ausführungen des Geschäftsführers in Zeiten schlechter Umsatzzahlen Kontakt zu Gott aufgenommen, damit mehr Kunden ins Geschäft kämen. So sei der geschäftliche Erfolg gerade in den Jahren der Wirtschaftskrise auf diese Leistungen zurückzuführen, zumal die KG in den betroffenen Jahren so gut wie keine anderen Werbemaßnahmen mehr durchgeführt habe. Zwar lasse sich die spirituelle Verbindung mit dem höchsten Gott kaum nach Dauer oder Erfolg aufzeichnen; bei der Frage, ob die Aufwendungen objektiv geeignet seien, käme es jedoch allein auf die Sicht des Steuerpflichtigen an. Das Finanzamt lehnte den Abzug aufgrund der langjährigen Kontakte zwischen dem Geschäftsführer und dem spirituellen Dienstleister sowie der damit verbundenen privaten (Mit-)Veranlassung ab.

Entscheidung
 Das FG Münster wies die Klage der KG ab, weil ein objektiver Zusammenhang zwischen den Dienstleistungen und den Umsatzsteigerungen nicht erkennbar sei. Im Unterschied zu Werbemaßnahmen (z. B. Zeitungsinseraten oder TV-Spots) bestehe kein wissenschaftlich fundierter und empirisch belegter Erfahrungssatz, dass der geschäftliche Erfolg eines Unternehmens durch die Kontaktaufnahme mit einem spirituellen Wesen (z. B. Gott) beeinflusst werden könne. Entgegen der Auffassung der KG sei dabei nicht allein die subjektive Überzeugung ihres Geschäftsführers ausreichend. Auf die Frage einer etwaigen privaten (Mit-)Veranlassung komme es mangels objektiven Zusammenhangs mit dem Betrieb nicht mehr an.

Konsequenz
 Das FG hat die private Mitveranlassung wahrscheinlich bewusst umschifft, um einer Aufteilungsproblematik aus dem Weg zu gehen. Die Revision wurde nicht zugelassen.

16. Zu § 8a Abs. 1 Nr. 2 KStG a. F.: "Sonst gleichen Umstände"

Kernaussage
 Die unechte Rückwirkung des § 8a Abs. 1 Nr. 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG) in der im Jahr 2004 geltenden Fassung (a. F.) ist verfassungsgemäß. Für die Jahre vor 2004 sind gelockerte Nachweispflichten anzuwenden. Der Nachweis, dass ein Darlehen unter sonst gleichen Umständen auch von einem fremden Dritten gewährt worden wäre, ist jedoch nicht bereits dadurch erbracht, dass das Darlehen zu ähnlichen Bedingungen gegeben wurde, wie sie der Konzernmutter durch den Dritten eingeräumt wurden.

Sachverhalt
 Die Klägerin (F-Inc.) ist eine in den USA ansässige Kapitalgesellschaft, die über zahlreiche Beteiligungen an Kapitalgesellschaften in Europa schließlich mittelbar an einer in Deutschland ansässigen doppelstöckigen Personengesellschaft beteiligt war. Im Jahr 2000 hatte die deutsche F-KG zahlreiche konzerninterne Darlehen aufgenommen, um den Erwerb der ebenfalls deutschen FWP-KG zu finanzieren, an der die Klägerin mittelbar zu 100 % beteiligt war. Darunter befand sich auch ein von der F-Inc. weitergeleistetes Darlehen in Höhe von 77,4 Mio. EUR. Der F-Inc. wurde von einem Bankenkonsortium ohne Sicherheiten ein Gesamtdarlehen in Höhe von 1,15 Mrd. US-Dollar gewährt. Zwischen Klägerin und Finanzgericht war streitig, in welchem Umfang die Zinsen gemäß § 8a KStG a. F. als Betriebsausgaben zu berücksichtigen waren. Die F-Inc. vertrat entgegen der Finanzverwaltung die Auffassung, dass die Voraussetzungen des Fremdvergleichs erfüllt gewesen seien, da sie das Darlehen "bei sonst gleichen Umständen auch von einem fremden Dritten erhalten" hätte. Gegen die Ablehnung des Finanzamts wurde Klage vor dem Finanzgericht (FG) Köln eingereicht.

Entscheidung
 Die Finanzrichter wiesen die Klage ab. Die Schuldzinsen seien nach § 8a KStG a. F. nicht abzugsfähig. Wenngleich die F-Inc. der FWP-KG das mittelbar gewährte Darlehen unter Konditionen gewährte, die den ihr selbst eingeräumten Modalitäten entsprachen, stelle dies keinen wirksamen Fremdvergleich dar. Die Richter sahen bereits deshalb keine "sonst gleichen Umstände" gegeben, da die Konzernmutter über ein sehr weit höheres Vermögen verfügte und die Darlehensgläubiger somit von einer sehr unterschiedlichen Haftungsmasse ausgehen konnten. Zugleich verneinte das Gericht das Vorliegen einer echten Rückwirkung für Jahre vor 2004, da durch bestimmte Konzernstrukturen die Anwendbarkeit von § 8a KStG a. F. ins Leere lief. Wegen grundsätzlicher Bedeutung ließ das Gericht die Revision zum Bundesfinanzhof jedoch zu.

Konsequenz
 Fremdvergleichsgrundsätze bei Rechtsbeziehungen innerhalb der Konzernstruktur sind nach der Entscheidung der Kölner Richter nicht bereits dadurch erfüllt, weil der Konzernmutter entsprechende Konditionen gewährt wurden. Es ist sicherzustellen, dass Nachweise hinsichtlich des Fremdvergleichsgrundsatzes stets für die jeweils konkret betroffene Gesellschaft erbracht werden können.

17. Treaty override bei Einkünften von Piloten

Kernaussage
 In Deutschland ansässige Piloten, die für ausländische Fluggesellschaften tätig sind, werden mit den hieraus bezogenen Vergütungen regelmäßig (bei Eingreifen einer Sonderregelung wie in Art. 15 Abs. 3 OECD-MA) im Ausland (hier Irland) besteuert. Soweit die Besteuerung im Quellenstaat nicht vollumfänglich erfolgt, kommt es trotz § 50d Abs. 9 Nr. 2 EStG nicht zu einem Rückfall des Besteuerungsrechts an Deutschland.

Sachverhalt
 Strittig war die Besteuerung eines in Deutschland ansässigen Piloten einer irischen Fluggesellschaft. Die Besteuerung seiner Vergütungen erfolgte zunächst gemäß XII Abs. 3 DBA ausschließlich in Irland. Nachdem die Besteuerung in Irland nochmals zu seinen Gunsten dahingehend geändert worden war, dass nur der auf Territorium Irlands entfallende Teil seiner Vergütungen besteuert wurde, sah das Finanzamt die Möglichkeit, § 50d Abs. 9 Nr. 2 EStG anzuwenden. Das Finanzgericht und der Bundesfinanzhof (BFH) traten dieser Ansicht entgegen.

Entscheidung
 Der BFH lehnte eine Anwendung von § 50d Abs. 9 Nr. 2 EStG ab, weil die Vorschrift bereits dann nicht mehr angewendet werden kann, wenn der ausländische Staat überhaupt eine Besteuerung der Einkünfte vornimmt. In welchem Umfang die Besteuerung erfolgt, ist nicht entscheidend. Da der Steuerpflichtige darlegen konnte, dass es zu einer Quellenbesteuerung in Irland gekommen ist, war § 50d Abs. 9 Nr. 2 EStG nicht anwendbar. Ebenso wenig ließ sich eine Besteuerung nach § 50d Abs. 8 EStG rechtfertigen. Wie der BFH ausdrücklich betont, reicht es auch insoweit aus, dass der Steuerpflichtige entweder den Verzicht des ausländischen Staates auf eine Besteuerung oder deren tatsächliche Entrichtung nachweist.

Konsequenzen
 Sobald eine Besteuerung im Ausland erfolgt, greift die Regelung in § 50d Abs. 9 Nr. 2 EStG nicht. Der BFH widerspricht damit der von der Finanzverwaltung vertretenen Rechtsansicht im BMF-Schreiben vom 12.11.2008 (BStBl 2008 I S. 988).

18. Insolvenzverfahren: Einstellung bei Restschuldbefreiung wegen Wegfall des Eröffnungsgrunds?

Kernaussage
 Wird dem Schuldner nach Abschluss der Wohlverhaltensphase Restschuldbefreiung erteilt, wandeln sich die Insolvenzforderungen zu unvollkommenen Verbindlichkeiten, d. h. sie sind weiterhin erfüllbar, aber deren Durchsetzbarkeit ist nicht mehr erzwingbar. Bei noch laufendem Insolvenzverfahren begründet die Restschuldbefreiung nicht die Möglichkeit das Insolvenzverfahren wegen Wegfall des Eröffnungsgrunds einzustellen. Zwar entfällt der Insolvenzbeschlag für den Neuerwerb ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Wohlverhaltensphase. Hinsichtlich des zuvor in die Masse gefallenen Vermögens ist jedoch das Insolvenzverfahren zu Ende zu führen.

Sachverhalt
 Mit Beschluss von Mai 2004 wurde über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet und der weitere Beteiligte zum Insolvenzverwalter bestellt. Entsprechend der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 3.12.2009 erlangte der Schuldner nach Ende der Laufzeit der Abtretungserklärung rechtskräftig Restschuldbefreiung. Das Insolvenzverfahren dauerte an. Der Schuldner begehrt die Einstellung des Insolvenzverfahrens mit der Begründung, dass nach Erteilung der Restschuldbefreiung der Insolvenzeröffnungsgrund weggefallen sei. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde blieb erfolglos.

Entscheidung
 Die Einstellung des Insolvenzverfahrens ist zwar möglich, wenn keine (drohende) Zahlungsunfähigkeit vorliegt, jedoch sind die im laufenden Insolvenzverfahren zur Tabelle angemeldeten und festgestellten Insolvenzforderungen zu berücksichtigen. Durch die Restschuldbefreiung werden die Insolvenzforderungen zu unvollkommenen Verbindlichkeiten und können somit bei der Feststellung einer (drohenden) Zahlungsunfähigkeit für ein nach der Restschuldbefreiung zu eröffnendes Insolvenzverfahren nicht berücksichtigt werden. Doch im laufenden Insolvenzverfahren sind sie weiterhin zu berücksichtigen. Durch die Loslösung der Erteilung der Restschuldbefreiung von dem Insolvenzverfahren sollen die Insolvenzgläubiger im laufenden Verfahren ihre Rechte nicht verlieren. Bei Einstellung des Insolvenzverfahrens würde der Schuldner nämlich das Recht zurückerlangen, über die Insolvenzmasse frei zu verfügen, während die Gläubiger ihre Forderungen nicht mehr durchsetzen könnten. Hierdurch würde der Zweck des Insolvenzverfahrens, nämlich die gemeinschaftliche Befriedigung der Gläubiger, verfehlt.

Konsequenz
 Unabhängig von der Erteilung einer Restschuldbefreiung ist das laufende Insolvenzverfahren fortzuführen.

19. Verstoß gegen Berufsfreiheit bei Ausschluss von GmbH mit Doppelzulassung

Kernaussage
 Es verstößt gegen die Berufsfreiheit, einer GmbH, zu der sich Rechts- und Patentanwälte zusammengeschlossen haben, die doppelte Zulassung als Rechts- und Patentanwaltsgesellschaft zu verwehren. Die jeweiligen Vorschriften der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) und Patentanwaltsordnung (PAO) zur Anteils- und Stimmrechtsmehrheit sowie der Leitungsmacht und Geschäftsführermehrheit zugunsten der namensgebenden Berufsgruppe sind verfassungswidrig und nichtig.

Sachverhalt
 Die Beschwerdeführerin, eine in Gründung befindliche GmbH, beantragte eine doppelte Zulassung als Rechtsanwalts- und Patentanwaltsgesellschaft. Gründer und Gesellschafter sind seit Anfang 2009 2 Patentanwälte und ein Rechtsanwalt, die zu gleichen Teilen am Stammkapital beteiligt und zudem einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer sind. Die Zulassungsanträge wurden abgelehnt und auch die Klage blieb in allen gerichtlichen Instanzen erfolglos.

Entscheidung
 Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hob die berufsgerichtlichen Entscheidungen auf und verwies die Sachen zurück. Durch die angegriffenen Entscheidungen wird die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf Berufsfreiheit verletzt. Soweit es der Zulassung einer Berufsausübungsgesellschaft von Rechts- und Patentanwälten als Rechtsanwaltsgesellschaft entgegensteht, wenn nicht die Anteils- und Stimmrechtsmehrheit sowie die Leitungsmacht und Geschäftsführermehrheit den Rechtsanwälten überlassen ist, sind die Regelungen der BRAO mit dem Grundrecht auf Berufsfreiheit unvereinbar und nichtig. Gleiches gilt für die Regelungen der PAO, die den Vorrang der Patentanwälte regeln. Die angegriffenen Vorschriften sind nicht erforderlich, um die berufliche Unabhängigkeit, die Sicherstellung der beruflichen Qualifikationsanforderungen und die Verhinderung von Berufsrechtsverstößen zu erreichen, da dies bereits durch gesetzlich geregelte Berufspflichten sichergestellt ist. Zudem sind solche Übergriffe wegen des weitgehend übereinstimmenden Berufsrechts nicht zu befürchten.

Konsequenz
 Das BVerfG hat Rechts- und Patentanwälten mehr Möglichkeiten der Zusammenarbeit eröffnet. Die berufsrechtliche Bindung ist für die Sicherstellung der Unabhängigkeit, der Qualitätsanforderungen und zur Verhinderung von Berufsrechtsverstößen ausreichend.

20. Teilnahme an Schiffskreuzfahrt: Bewertung des geldwerten Vorteils

Kernproblem
 Erhält ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber Einnahmen in Form von Sachbezügen, sind diese mit dem um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis am Abgabeort anzusetzen. Viele Sachbezüge werden pauschal bewertet und bereits vom Gesetz vorgegeben (zum Beispiel PKW mit der 1 %-Regel oder Mahlzeitengewährung), andere wiederum sind individuell zu ermitteln und streitbefangen. So auch bei dem Mitarbeiter einer Reederei, der vergünstigte Kreuzfahrten unternahm und mit dem Finanzamt nicht auf einen Nenner kam.

Sachverhalt
 Der Angestellte einer Reederei erhielt kostenlose beziehungsweise stark verbilligte Reisen auf den zur Unternehmensgruppe gehörigen oder bereederten Schiffen. Das Finanzamt ermittelte in einem Steuerstrafverfahren insgesamt Sachbezüge von 56.375 EUR für 5 Kreuzfahrten, die der Angestellte und seine Lebenspartnerin unternahmen. Die Bewertung erfolgte mit 96 % des Katalogpreises. Im Einspruchsverfahren konnte der Angestellte einen Abschlag von 30 % erstreiten, weil die Reisen seiner Auffassung nach beruflich mit veranlasst waren und im Übrigen nur unter dem Vorbehalt der Verfügbarkeit nach Verwertung der Restplätze als Last-Minute-Kontingent zur Verfügung standen. Darüber hinaus waren weitere Einschränkungen in Kauf zu nehmen, zum Beispiel bezüglich der Auswahl des Bordrestaurants und der Teilnahme an Ausflügen und Fitnessprogrammen. Der beantragte Rabattfreibetrag von 1.080 EUR wurde verwehrt, weil der Arbeitgeber nicht der Reiseveranstalter war. Der Reedereimitarbeiter zog vor das Finanzgericht (FG) in Schleswig-Holstein.

Entscheidung
 Das FG ist den Argumenten des Klägers zum Teil gefolgt und hat im Ergebnis einen Abschlag von 60 % des Katalogpreises gewährt. Entscheidend für den Bewertungszeitpunkt war nach Auffassung des Gerichts der Zeitpunkt kurz vor oder zum Reiseantritt, denn bis dahin habe die tatsächliche Unsicherheit der kurzfristigen Absage bestanden. Der Wert der Reiseleistung sei zu schätzen, da sie nicht den Katalogleistungen entsprochen habe. Neben den bewertungsbeeinflussenden Faktoren im Vergleich zu den normal zahlenden Gästen sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Mitarbeiterreisen als Teil einer Restplatzverwertung gesehen werden müssten. Den Rabattfreibetrag gewährte aber auch das FG nicht, weil die Reiseleistung vom Reiseveranstalter und nicht der Reederei erbracht wurde.

Konsequenz
 Die Revision wurde nicht zugelassen. Der Fall zeigt die mögliche Bandbreite eines Sachbezugs auf. Schätzungen des Finanzamts sollten nicht ohne weiteres hingenommen werden. Das gilt erst recht, wenn es sich - wie hier - um ein Strafverfahren handelt. Das Finanzamt konnte wegen leichtfertiger Steuerverkürzung 5 Jahre zurückgehen.

21. Erlass eines Feststellungsbescheids: Reicht bloßer Prüfungsauftrag aus?

Kernaussage
 Allein den für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzämtern obliegen Entscheidungskompetenzen, ob Grundbesitzwerte festzustellen sind. Wird eine Entscheidung durch ein anderes Finanzamt getroffen, ist der ergangene Bescheid rechtswidrig.

Sachverhalt
 Im Rahmen einer Betriebsprüfung stellte die Betriebsprüfungsstelle eine Anfrage an die Bewertungsstelle des beklagten Finanzamts, die die Grundbesitzwerte für Zwecke der Prüfung einer ergangenen Schenkungsteuererklärung feststellen sollte. Diese Anfrage basiert auf einen Prüfungsauftrag vom originär zuständigen Finanzamt für Erbschaft- und Schenkungsteuer zur Aufklärung der zur Besteuerung maßgeblichen Verhältnisse. Das beklagte Finanzamt führte den Auftrag durch und erließ einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzes für Zwecke der Schenkungsteuer, wogegen der Steuerpflichtige Einspruch und letztlich Klage erhob. Das Finanzgericht (FG) gab dem Kläger Recht, denn der Bescheid war rechtswidrig. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache Revision zum BFH zugelassen.

Entscheidung
 Nach Auffassung des FG ist das für die Festsetzung der Steuer zuständige Finanzamt nicht berechtigt, die ihm originär zustehende Entscheidungskompetenz, ob ein Grundbesitzwert festzustellen sei, auf ein anderes Finanzamt – hier der Betriebsprüfungsstelle des Lagefinanzamtes - zu übertragen, da es sich um eine gesetzlich zugewiesene Zuständigkeit handelt. Allein das originär zuständige Finanzamt hätte die Entscheidung treffen müssen, ob Grundbesitzwerte festzustellen sind. Anschließend hätte es aufgrund dieser Entscheidung ein anderes Finanzamt mit der Durchführung beauftragen können.

Konsequenz
 Kraft Gesetztes zugewiesene sachliche Zuständigkeiten sind nicht frei disponierbar. Auch nachträglich ergangene Genehmigungen helfen nicht ab. Erlässt ein anderes, als das zuständige Lagefinanzamt, einen Feststellungsbescheid, kann sich der Steuerpflichtige unter Bezugnahme auf das vorliegende Urteil auf dessen Rechtswidrigkeit berufen.



Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Gißewski
Steuerberater


Ulmenweg 6-8 - 32760 Detmold
Tel.: 05231 / 933 460
www.gißewski.de